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CFO Artikel - Mai 2020

Kann die Planung mit der Realität Schritt halten? Die Weiterentwicklung der Unternehmensplanung erfordert mutige Initiativen

von Andreas Feichter und Raoul Ruthner

Der vorliegende Beitrag stellt einen modernen Ansatz zur Weiterentwicklung der Unternehmensplanung vor. Die Idee ist, die Planung verstärkt als zentrales Steuerungsinstrument zu entwickeln und den Planungsprozess als integrativ, koordinatives Instrument zu verankern, das nicht primär als Instrument des Controllings verstanden wird, sondern das Management als zentralen Adressaten und inhaltlichen Gestalter der Planung mehr ins Zentrum rückt. Planung soll mehr sein als eine rein finanzielle Betrachtung der kommenden Perioden. Aus diesem Grund müssen andere Aspekte, die weniger im primären Fokus der Planung an sich stehen ebenfalls Bestandteil einer Weiterentwicklung sein.

1. Woher kommen wir oder einfach: Ausgangssituation

Seit vielen Jahren steht das Instrument der Planung in der Kritik. Viele Unternehmen haben mitunter aufwendige und kostenintensive Anstrengungen unternommen, um ihr Planungsinstrumentarium weiterzuentwickeln. Die Praxis kennt zwei grundsätzliche Handlungsmuster: Entweder wurden große Projekte initiiert, die insbesondere auf eine Weiterentwicklung der IT-Unterstützung (also des Planungstools) abgezielt haben, oder aber die Planung wurde in einer langen Abfolge inkrementeller und kleinteiliger Weiterentwicklungsschritte zaghaft angepasst. Mit einigem Abstand zeigt sich jedoch, dass viele dieser Initiativen nicht zu den erhofften Verbesserungen geführt haben. Wesentliche Änderungen, wie zB die Reduktion des Detaillierungsgrades, ein echter Top-down-Ansatz etc wurden nicht realisiert, und vielfach auch kaum flankierende Maßnahmen zur Verbesserung von Planungskultur und Mindset gesetzt. Das „Totschlagargument“ der Digitalisierung hat diese Themen oftmals überlagert und die Unternehmen eine tiefgreifende Weiterentwicklung des Planungsansatzes vertagen lassen.

Die Konfrontation mit einem disruptiven Schock wie der COVID-19 Krise zeigt diese Versäumnisse bzw den Entwicklungs-Leerlauf der letzten Jahre jetzt umso drastischer auf. Es wird nur wenige Unternehmen geben, die aktuell nicht mit Planzahlen in Form von Budgets konfrontiert sind, die mittlerweile nur mehr einen Wunschzustand aus einer (zumindest gefühlt) längst vergangenen Zeit repräsentieren und nichts mehr mit der Realität zu tun haben. Ein rasches, tiefgreifendes und inhaltlich oft komplett verändertes Update der Planung bzw Anpassung stellt viele Organisationen vor eine große Herausforderung. Die grundsätzliche Tauglichkeit der Planung als Steuerungsinstrumentarium steht auf dem Prüfstand.

Aufgrund der oben beschriebenen Punkte erfordert die Weiterentwicklung der Planung einen fundamentalen Wandel. Primär logische bzw technische Aspek te, wie zB der Planungsprozess oder die IT-Unterstützung bzw die Automatisierung der Planung müssen auch um „weichere Elemente“ ergänzt werden. Aus diesem Grund haben wir zehn Thesen definiert, die als Basis für die Definition eines neuen Planungsansatzes dienen:

1. Konsequenter Abschied von zu hohem Detailgrad und Fokus auf das Wesentliche.
2. Endgültiger Siegeszug des Szenarios.
3. Mensch oder Maschine? Der Mensch wird wieder wichtiger.
4. Moderne Organisationsformen und ein neuer Modus der Zusammenarbeit etablieren sich.
5. Bottom-up ist ein Relikt der Vergangenheit.
6. Integriertes Planen wird zur Pflichtübung.
7. Das Budget ist tot, lang lebe der Forecast!
8. Ein starkes und interdisziplinäres Planungsteam wird unabdingbar.
9. Ohne Kultur und Mindest funktioniert nichts.
10. Leadership wird zum zentralen Erfolgsfaktor.

Ausgehend von diesen zehn Thesen wird unter dem Stichwort „Moderner Planungsansatz“ eine fundamentale Neuausrichtung der Planung diskutiert.

2. „Moderner Planungsansatz“

Ziel dieses Beitrags ist es nicht, die Planung per se in Frage zu stellen, sondern notwendige, vielleicht längst fällige und in der aktuellen Situation umso dringender gebotene Veränderungen zu beschreiben, die den Nutzen des Instruments massiv steigern und die Kosten bzw den verursachten Aufwand deutlich reduzieren. In der Vergangenheit wurden stets der Planungsprozess, die Planungsinhalte sowie das Planungstool in den Mittelpunkt gestellt. Etwas provokant lässt sich auch formulieren, dass die Planung einem stark technokratischen Ansatz gefolgt ist und in diesen drei Säulen ihren Niederschlag gefunden hat. Diese drei Komponenten werden auch weiter den „harten“ Kern der Planung bilden, allerdings mit anderer Ausprägung. Folgt man den zuvor skizzierten Thesen, müssen diese drei Optimierungshebel geschärft und um zwei weitere Aspekte erweitert werden. Aus 3 werden 5 Bereichen die zu betrachten sind (siehe auch Abbildung 1). Aus unserer Sicht ergeben sich für die Entwicklung hin zu einer modernen und zeitgemäßen Planung folgende Elemente:

  • Planungsprozess & Organisation der Planung,
  • Planungslogik,
  • Planungstool & Automatisierung,
  • Planungsmindset & -kultur und
  • Leadership & Steuerung.


Abb 1: Elemente des Planungsansatzes

2.1. Planungsprozess und Organisation der Planung
Planung als laufender Prozess oder der Siegeszug des (Rolling) Forecast
Planung darf nicht nur als punktuelle Aktivität verstanden werden. Vielmehr sollten Unternehmen dazu übergehen, die Planung als einen laufenden Prozess zu sehen. Zahlreiche Informationen werden bereits laufend aktualisiert bzw bearbeitet (zB der Absatz bzw Verkaufspotenziale im CRM, Instandhaltungsmaßnahmen und Projekte). Diese Informationen müssen auch unmittelbar in der Planung Berücksichtigung finden. Eine Organisation die sich laufend, zB im Rahmen eines Rolling Forecasts, mit den finanziellen Auswirkungen der aktuellen Geschäftstätigkeit auseinandersetzt arbeitet zukunftsgerichtet und kann somit auch rascher und einfacher wesentliche Veränderungen im Umfeld verarbeiten.

Top-down-Planung in einem interdisziplinären Planungsteam
Daneben stellt sich die Frage, ob die Planung stets eine Aktivität sein muss, die die gesamte Organisation bindet. Viel zu häufig herrscht der Eindruck in anderen Fachbereichen, dass die Planung rein für das Controlling erstellt wird und zu wenig Fokus auf den eigenen Nutzen in der Planung gelegt wird. Die Planung verkommt zur Pflichtübung und verliert ihren Charakter als zukunftsgestaltendes Managementinstrument. Das wirkt sich negativ auf die Qualität und das Commitment der Planung aus. Eine alternative Organisation der Planung sieht ein interdisziplinäres Planungsteam vor. Dieses kleine und schlagkräftige Team, das aus ausgewählten, operativen Entscheidungsträgern besteht, erstellt und diskutiert die Planung, und bereitet am Ende die Entscheidungsgrundlage für das Top-Management auf. Die Erstellung der Planung in einem Planungsteam hat wesentliche Vorteile: die Klärung bzw Schärfung der strategischen Eckpunkte wird forciert, eine laufende Iteration mit dem Management etabliert, aber auch die Abstimmung mit anderen Führungskräften kann rasch und zielgerichtet erfolgen. Zudem rückt die inhaltliche Diskussion der Planung in den Fokus, und betrachtet Interdependenzen zwischen den Fachbereichen. In diesem Setup ist die Koordination der Fachbereiche ebenso wie auch die Koordination innerhalb des Teams einfacher möglich, als wenn die gesamte Organisation eingebunden werden muss. Ein Planungsteam kann letztlich auch dem Top-down-Gedanken den richtigen Spin verleihen, um die zeitraubende Bottom-up-Planung abzulösen.

2.2. Planungslogik
Zentrale Treiber verstehen und in den Fokus rücken
Die Veränderung der Planung, hin zu einem treiberbasierten Ansatz bietet viele Vorteile. Neben einer deutlich einfacheren und rascheren Ermittlung bzw Anpassung können so Parameter mit Steuerungsrelevanz in das Zentrum der Diskussion gerückt werden. Daneben bietet der treiberbasierte Ansatz einen deutlichen Mehrwert an (inhaltlicher) Transparenz und einen sinnvollen Ansatz, um den Detaillierungsgrad der Planung zu reduzieren.

Aus vielen Projekten bzw Diskussionen mit dem Management haben wir den Wunsch mitgenommen, die zentralen Größen für das Unternehmen in der Planung intensiv zu diskutieren. Die Notwendigkeit über Kostenstellen bzw einzelne Kostenarten zu sprechen, sieht das Management nur in seltenen Fällen als zielführend. Diese Anforderung muss endlich auch in der Planung ankommen, wobei hier auch wesentliche Abhängigkeiten zur Steuerungsfunktion bestehen.

Neben der Integration der Planung, die sowohl die zeitliche, inhaltliche als auch strukturelle Komponente betrifft, muss ein moderner Planungsansatz auch eine Differenzierung des Geschäfts ermöglichen. Viele Organisation befassen sich heute sehr intensiv mit der Planung des laufenden Geschäfts. Die Planung hier kann problemlos entlang von wenigen Treibern erfolgen, man kennt die wesentlichen Stellschrauben und Optimierungsmöglichkeiten. Die Planung von Projekten ist häufig ein ungeliebtes Stiefkind, für das am Ende zu wenig Zeit bleibt. Ein moderner Ansatz zielt auf eine Änderung der Fokusbereiche ab – die Planung und Diskussion von Projekten soll intensiv erfolgen, idealerweise eine konstruktive und integrative Diskussion im Planungsteam selbst bzw mit dem Management verursachen. Die Planung des laufenden Geschäfts sollte möglichst über Werttreiber abgebildet sein und wenig Diskussionsbedarf in den relevanten Gremien verursachen.

Szenariodenken wird ein fixer Bestandteil
Szenarien als Abbildung alternativer Entwicklungen werden uns noch einige Zeit begleiten (müssen) und zunehmend unser Verständnis von moderner Planung prägen. Die aktuellen Ereignisse rund um SARS-COV-2 / COVID-19 zeigen mit
Nachdruck auf, dass Planungen sich eben nicht auf einen Budgetansatz verdichten und vereinfachen lassen. Sinnvoll ausgewählte und inhaltlich gehaltvoll ausformulierte Szenarien sind zentrale Orientierungspunkte für das Management und unterstützen so die Diskussion über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens unter unter schiedlichen Rahmenbedingungen. Szenarien sind ein wesentlicher Nukleus zur Verdichtung von Maßnahmen(paketen), um im Falle der Fälle für unterschiedliche Entwicklungen gerüstet zu sein: Dies kann sowohl eine negative als auch positive Entwicklung beinhalten. Damit einher gehen muss auch eine bessere Verschränkung von Risiken und Chancen mit Planansätzen. Gerade aus der Disziplin des Risikomanagements kommen seit Jahren Impulse in dieser Richtung und lenken die Aufmerksamkeit auf eine Planung, die neben einem Most-Likely-Case auch einen Best- und Worst-Case berücksichtigt.

2.3. Planungstool & Automatisierung
Automatisierung wird immer wichtiger
Das Planungstool ist auch weiterhin ein wichtiges Handlungsfeld für die Weiterentwicklung der Planung. Waren in der Vergangenheit häufig Workflow-Lösungen oder Planungscockpits eine wesentliche Errungenschaft, um den Planungsprozess zu verbessern, so muss zukünftig der Automatisierungsgrad durch das Tool maßgeblich gesteigert werden.

Das kann unmittelbar die Ableitung von Vorschlagswerten betreffen. Dabei sollen nicht nur Vergangenheitswerte fortgeschrieben, oder marginal angepasst werden, sondern Werte zB auf Basis von Predictive Analytics systematisch ermittelt werden. Erste Erfahrungswerte mit gut kalibrierten Modellen zeigen, dass die Qualität der Ergebnisse eines auf Basis von prognostizierten Daten ermittelten Forecasts mehr als zufriedenstellend ausfällt. Gerade für größere Organisationen, die in der Vergangenheit aus Effizienzgesichtspunkten die Planung industrialisiert und in Richtung eines Shared-Service-Center-Ansatzes entwickelt haben, kann dies ein zukunftsweisender Lösungsansatz sein. Neben dem automatisierten Generieren der Daten ist jedenfalls sicherzustellen, dass die automatisiert generierten Planungsergebnisse überprüft und am Ende von den Verantwortlichen bestätigt bzw mitgetragen werden.

Ein anderer Ansatz nutzt das Planungstool insbesondere auch zur Validierung der Planungsergebnisse. Durch eine automatisierte Validierung der Ergebnisse können Inkonsistenzen zwischen Teilplänen rasch identifiziert und Korrekturmaßnahmen abgeleitet werden. Knappe Controlling-Ressourcen können so im Rahmen des engen Planungszeitfensters geschont und effizient eingesetzt werden.

Das Planungstool muss auch in der Lage sein, Simulationen zu ermöglichen. Gerade in der aktuellen Situation ist es erforderlich, dynamische und flexible Planungsmodelle bereitzustellen. Das bedeutet, dass einerseits ein Simulationsmodell erforderlich ist, das auf einer konsistenten und soliden Basis aufsetzt. Andererseits aber auch in der Lage ist, einzelne Variablen im Modell zu ändern bzw zu ersetzten. Gerade in der gegenwärtigen COVID-19 Krise müssen ggf einzelne Variablen geändert bzw adaptiert werden – ein starres Modell, in dem jede Modelländerung komplex und mit hohen Aufwand verbunden ist, kann aktuell nicht das Management mit entscheidungsrelevanten Informationen unterstützen, insbesondere dann nicht, wenn diese zeitnah notwendig sind.

2.4. Planungsmindset & -kultur
Planung gestaltet Zukunft
Wie bereits zuvor beschrieben, muss Planung als nutzenstiftendes Instrument aus der Perspektive des Managements wahrgenommen werden bzw auch aus Sicht aller Fachbereiche, die involviert sind. Es muss ein positives Bild der Planung in der Organisation entstehen – sie fördert die aktive Auseinandersetzung der Organisation mit der Zukunft, beschreibt herausfordernde Zielzustände, die dazu erforderlichen Maßnahmen und thematisiert den erforderlichen Anspannungsgrad der Organisation. Dass dies finanziell abgebildet und bewertet wird, ist ein Nebeneffekt und nicht das primäre Ziel.

Dementsprechend muss auch ein Wandel der Planung selbst stattfinden. Viele Unternehmen diskutieren zwar im Management relevante Abweichungen in Millionenhöhe, eine Kostenstellenplanung wird aber konsequent bis auf die erste Kommastelle ausgeplant. Eine derart rigide Planung wird zurecht kritisch betrachtet und ist nicht mehr zeitgemäß. Bei der Beschreibung eines Zielzustands und der Maßnahmen zu deren Erreichung, werden in einem dynamischen Umfeld Abweichungen entstehen. Diese müssen weder auf Komma genau ermittelt werden noch soll eine Rechtfertigung, warum es zu dieser Abweichung gekommen ist, der Fokus sein. Die proaktive Diskussion erforderlicher und wertsteigernder Maßnahmen muss in den Vordergrund rücken und nicht die Einhaltung eines Budgetwerts. Vielmehr gilt es auch hier den Blick gestalterisch nach vorne zu richten und Kreativität bei der Maßnahmendefinition zu fördern.

Commitment wird wichtiger denn je
Die Planung muss Verbindlichkeiten schaffen. Eine Planung der es an Commitment der Organisation mangelt, hilft nicht weiter und verkommt rasch zum Selbstzweck ohne maßgeblicher Steuerungswirkung. Die Akteure müssen hinter der Planung stehen, die Maßnahmen umsetzen und verfolgen. Auf der anderen Seite muss aber auch das Management hinter den Planwerten stehen, deren Erreichung einfordern und konsequent mittels der Planung steuern. Gerade die Aufweichung von Planwerten und mangelndes Commitment führen oftmals zu „zahnlosen“ Planvorgaben und konterkarieren damit den eigentlichen Steuerungszweck. Hierbei darf auch nicht unterschätzt werden, dass viele Organisationen über Jahre hinweg gelernt haben, Planungen im impliziten, aber auch kollektiven Einverständnis wieder aufzuweichen. Hier steht vielfach ein weitreichender Entwicklungsprozess zur Etablierung einer effektiven Planungskultur an und macht transparent, warum viele Unternehmen auch mit modernen Planungstools relativ große Unzufriedenheit mit ihrer Planung aufweisen. Umgelegt könnte man auch sagen: „culture eats planning for breakfast“, und ohne einen tiefgreifenden Entwicklungsprozess, der auch an den kulturellen Säulen der Planung ansetzt, bleiben rein technokratisch ausgerichtete Weiterentwicklungsinitiativen oft erfolglos.

2.5. Leadership & Steuerung mit der Planung
Das Management muss von der Planung aktiv Gebrauch machen. Einerseits muss berücksichtigt werden, dass die Planung auch eine Form der Delegation beschreibt – mit der Freigabe eines Plans oder eines Forecasts ist auch die Akzeptanz der geplanten Maßnahmen und Ziele verbunden. Andererseits ist die Planung auch als Steuerungsinstrument zu nutzen. Eine Unternehmenssteuerung, die sich trotz des Vorliegens eines Budgets oder Forecasts primär mit Vorjahreswerten befasst, nutzt die Planung nicht aktiv.

Das konsequente Monitoring von Ist-Werten und Plan- bzw Forecast-Werten ist unabdingbar. Dieses sollte aber nicht nur in Form von laufenden Reports erfolgen. Die aktive Diskussion der relevanten Abweichungen und das Einfordern von Maßnahmen sind unbedingt erforderlich. Die Maßnahmen müssen in weiterer Folge auch im Rahmen des Maßnahmencontrollings getrackt werden. Gerade in vielen großen, international agierenden Unternehmen wird dieser Aspekt vernachlässigt, weil zu zeitintensiv und die Kommunikation häufig nicht persönlich stattfindet. Als wesentliches Learning aus der COVID-19 Krise kann aber definitiv mitgenommen werden, dass persönliche Meetings nicht immer erforderlich sind und Berichtsdurchsprachen und Maßnahmendiskussionen problemlos auch per Videokonferenz, MSTeams oder WebEx erfolgen können.

Auf den Punkt gebracht
Die Planung ist ein wesentliches Managementinstrument und muss als solches auch genutzt werden. Ein moderner Planungsansatz baut auf einen stringenten Planungsprozess, eine solide Planungslogik und ein adäquates Planungssystem auf. Es gibt ausreichend Möglichkeiten, auch in den traditionellen Planungsdimensionen Verbesserungen zu realisieren.

Einerseits kann zB ein interdisziplinäres Planungsteam die Umsetzung eines tatsächlichen Top-Down-Planungsprozesses ermöglichen. Andererseits kann eine verstärkte Diskussion und Abbildung von Szenarien in der Planung das Management mit entscheidungsrelevanten Informationen unterstützen. Daneben ist darauf zu achten, dass neben den drei Kernelementen der Planungsoptimierung andere, „weichere“ Elemente bestehen, die ebenso berücksichtigt werden müssen und einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung leisten können. Ein Grundlegender Wandel im Planungsmindset einer Organisation ist essenziell – die Diskussion von konkreten Maßnahmen anstelle von Kommastellen in der Kostenstellenplanung muss in den Fokus rücken. Ebenso muss die Planung in der Führung und der Steuerung als solches ankommen. Sie muss in Reports abgebildet werden und in Diskussionen eine wesentliche Rolle spielen. Abweichungen von Plan oder Forecast-Werten müssen in konkreten Maßnahmen münden, deren Umsetzung dann konsequent vorangetrieben wird.

http://www.lindeverlag.at/cfo-aktuell

Mai 2020

Krisenresistenz von Prozessen und Organisationen

von Emanuel Steiner und Andreas Feichter

1. Prozesse & Organisationen in der Krise

Viele Organisationen haben bis vor kurzem einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung erfahren. In diesem positiven wirtschaftlichen Umfeld investierten zahlreiche Unternehmen massiv in Innovationen und neue Geschäftsmodelle. Die Digitalisierung wurde vielfach als neue Umsatzquelle verstanden und mit erheblichem Aufwand in das bestehende Geschäft integriert. Die Themen Stabilität und Sicherheit im Bereich der Unternehmensprozesse spielten selten eine zentrale Rolle und erhielt seitens des Managements wenig Aufmerksamkeit. Wer hat schon mit einem extern bedingten Schock, wie jenem der COVID-19 Krise, gerechnet?

Eine wesentliche Erkenntnis aus der COVID-19 Krise ist, dass zukünftig bei der Optimierung von Unternehmensprozessen und Organisationen auch die Krisenresistenz ausreichend Beachtung finden muss. Der Blogbeitrag skizziert ein praktisches Vorgehensmodell.

2. Identifikation krisenanfälliger Prozesse

In einem ersten Schritt müssen die kritischen Prozesse geklärt, sowie die wesentlichen Prozessrisiken identifiziert werden. Gemeinsam entwickelte Hypothesen zu fragilen und risikobehafteten Prozessen bzw. Organisationsstrukturen bilden die Ausgangsbasis. In Diskussionen mit dem Management und den Prozess-Ownern werden die Thesen validiert und erste Weiterentwicklungspotenziale für mehr Stabilität in der Organisation abgeleitet. Die dabei identifizierten, krisenanfälligen Prozesse und Strukturen werden nach ihrem Risiko und den Handlungsmöglichkeiten priorisiert sowie in einer Heatmap sichtbar gemacht. Folgende beispielhafte Prozess- und Strukturrisiken können in einer Organisation bestehen:

  • Hohe Bindung von kritischen Personalressourcen durch mangelnde Automatisierungsinitiativen
  • Hohe Abhängigkeit von einzelnen Stakeholdern (z.B. Lieferanten) der Organisation
  • Konzentration von Expertenwissen auf einen sehr eingeschränkten Personenkreis
  • Keine Alternativprozesse für kritische Kernprozesse vorhanden
  • Keine Stellvertreterreglungen bei Ausfall von Führungskräften und Mitarbeitern

3. Gezielte Stabilisierung von kritischen Prozessen

In dieser Phase werden – basierend auf der zuvor definierten Heatmap – alle kritischen Prozesse und Strukturen schrittweise und entlang verschiedener Stabilisierungshebel weiterentwickelt. Zunächst werden alle Möglichkeiten zur Sicherung der Prozesse im Hinblick auf Ablauf bzw. organisatorischer Rahmenbedingungen genutzt. Dazu zählen u. a. Neudesign von Soll-Prozessen, Notfallpläne für kritische Prozesse, Schaffung von Backup Prozessen für den Krisenfall sowie Klärung und Präzisierung von Zuständigkeiten und Schnittstellen. Ein weiterer zentraler Stabilisierungshebel ist die Digitalisierung / Automatisierung von Prozessen. Durch eine weitgehende Automatisierung von Prozessen werden nicht nur Kostensenkungspotenziale realisiert, sondern auch Fehlerquellen vermieden und eine höhere Unabhängigkeit von Personen realisiert.

Sofern Mitarbeiter ausfallen und nicht vor Ort ihrer Tätigkeit nachgehen können, braucht es alternative Arbeitsmodelle. Dazu zählen etwa klare Regelungen zum Thema Home-Office einschließlich der notwendigen Infrastruktur für Teleworking (u.a. Notebook mit VPN-Zugang, eine unternehmensweite Videokonferenz-Lösung wie Microsoft Teams oder WebEx, etc.). Auch im Bereich der Beschaffung lohnt es sich über Alternativen für bestehende Einkaufsprozesse nachzudenken. Partielles Insourcing, eigene Ressourcen als Backup für kritische Lieferanten oder eine gezielte Diversifikation der Lieferanten ist eine krisensichere Alternative.

4. Laufende Weiterentwicklung

Die Etablierung krisenresistenter Prozesse bzw. einer krisensicheren Organisation ist keine einmalige Projektarbeit. Es empfiehlt sich laufend und auch in Phasen der Stabilität Prozesse und Organisationsstrukturen auf ihre Krisenresistenz zu hinterfragen und gegebenenfalls korrektive Maßnahmen und Anpassungen vorzunehmen. Diese nicht unwesentliche Aufgabe sollte zudem im Unternehmen organisational verankert und mit entsprechenden personellen Ressourcen ausgestattet sein.

Fazit

Ausnahmezustände, wie jener der COVID-19 Krise, zeigen wie verwundbar und verletzlich Prozesse in Organisationen und somit Organisationen selbst sind. Sehr schnell können kritische Prozesse nicht mehr durchgeführt werden bzw. nur unter großen Anstrengungen. Unternehmen können dann nicht mehr ihre Leistungen erbringen. Aus diesem Grund müssen kritische Prozesse stabilisiert und abgesichert werden. Robuste Prozesse bilden die Grundlage für eine gesunde und vor allem krisenfeste Organisation. Auch ungewollt ist eines gewiss: Die nächste Krise kommt bestimmt!

April 2020

Planung in Zeiten einer Pandemie – Ist die Unternehmensplanung am Ende oder stehen wir am Beginn einer Revolution?

von Raoul Ruthner

Die aktuelle Situation lässt sich nur als ein noch nie dagewesener Ausnahmezustand beschreiben. Volkswirtschaften fahren auf Notbetrieb herunter, Staaten riegeln sich ab und damit werden auch ganze Absatzmärkte, Supply Chains etc. in Frage gestellt. In einem Managementinstrument, nämlich der Unternehmensplanung, wird diese Entwicklung besonders drastisch deutlich. Es wird nur wenige Unternehmen geben, die aktuell nicht mit Planzahlen in Form von Budgets konfrontiert sind, die mittlerweile nur mehr einen Wunschzustand aus einer (zumindest gefühlt) längst vergangenen Zeit repräsentieren und nichts mehr mit der Realität zu tun haben.

Allerdings müssen Unternehmen aktuell vor allem auch den Blick nach vorne richten, denn eines steht ebenso fest: Der Aufschwung wird kommen und das Beispiel China zeigt bereits, dass dies auch wieder bald bei uns bevorstehen kann. In dieser Situation gilt es aber umso mehr auch zahlenbasierte, valide und die unterschiedlichen Kontingenzen abbildende Entscheidungsgrundlagen zu haben. Hier wird die Planung ihren Beitrag leisten müssen. Die aktuelle Situation ist daher zum Anlass zu nehmen, endlich einen Schlussstrich mit zaghaften und inkrementellen Weiterentwicklungen des Planungsinstrumentariums zu ziehen. Wir brauchen mutige und innovative Ansätze, die eine dauerhafte Abkehr von der zu stark ausgeprägten Instrumenten- und Toolgläubigkeit herbeiführen, die Organisation mobilisieren, neue Arbeitsweisen und vor allem durch starkes Leadership flankiert werden.

Der folgende Beitrag fasst 10 Thesen im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Unternehmensplanung zusammen und gibt somit einige Richtungsvorgaben für die zielgerichtete, aber auch entschiedene Weiterentwicklung des Planungsinstrumentariums. Nicht alle der Thesen treffen für jedes Unternehmen bzw. jede Branche gleichermaßen zu und sind individualisiert und situationselastisch zur Anwendung zu bringen. Eine vertiefende Aufbereitung des „neuen“ Planungsansatzes findet sich in der nächsten Ausgabe des CFOaktuell im Mai 2020 (Heft 03/2020).

1. Konsequenter Abschied von zu hohem Detailgrad und Fokus auf das Wesentliche

Planungsinhalte müssen sich endlich auf das Wesentliche konzentrieren und die „Flucht ins Detail“ vermeiden. Zwar schon lange gefordert trifft jetzt umso mehr zu: je größer die Unsicherheit desto wichtiger ist die Planung der zentralen Stellschrauben bzw. Werttreiber und eine gute Kenntnis der wesentlichen Wirkungszusammenhänge bzw. Sensitivitäten. Hohe Entscheidungsgeschwindigkeit wird zum Erfolgsfaktor und kann nur in einem fokussierten Planungsmodell sichergestellt werden. Die „Diskussion der Kommastelle“ wird – endlich – der Vergangenheit angehören.

2. Endgültiger Siegeszug des Szenarios

Szenarien als Abbildung alternativer Entwicklungen werden uns noch einige Zeit begleiten (müssen) und zunehmend unser Verständnis von moderner Planung prägen. Die aktuellen Ereignisse rund um SARS-COV-2 / Covid-19 zeigen mit Nachdruck auf, dass Planungen sich eben nicht auf einen Budgetansatz verdichten und damit vereinfachen lassen. Sinnvoll ausgewählte und inhaltlich gehaltvoll ausformulierte Szenarien sind zentrale Orientierungspunkte für das Management. Szenarien sind zudem mit Maßnahmenpaketen zu hinterlegen, um im Falle der Fälle für unterschiedliche Entwicklungen gerüstet zu sein: dies kann sowohl eine negative als auch positive Entwicklung beinhalten. Gerade die geplante Diskussion zur Lockerung von Maßnahmen wird wohl unterschiedliche Entwicklungen berücksichtigen müssen, da unterschiedliche Entwicklungsszenarien möglich sind. Damit einher gehen muss auch eine bessere Verschränkung von Risiken und Chancen mit Planansätzen.

3. Mensch oder Maschine? Der Mensch wird wieder wichtiger

Das Thema Predictive Planning und Forecasting wird seinen festen Platz in der Planung bekommen und ist nicht mehr wegzudenken. Allerdings ist das Ausmaß der Diskontinuität aktuell so groß, dass wieder der Mensch gefragt ist: historische Muster taugen damit nur bedingt zur Prognose der Zukunft. Im Angesicht noch nie da gewesener Entwicklungen bzw. Einschnitte, braucht es umso mehr den Menschen als wesentlichen Taktgeber in der Planung.  Datengetriebenes Arbeiten ist essenziell und wird noch mehr zum Erfolgsfaktor werden, allerdings zeigt sich, dass die Rolle des Letztentscheiders wichtiger denn je wird, und das ist der Mensch.

4. Moderne Organisationsformen und ein neuer Modus der Zusammenarbeit etablieren sich

Bereits seit Jahren stellt die Digitalisierung tradierte Organisationsformen und Prozesse vor Herausforderungen. Hohe Entscheidungsgeschwindigkeit wird aber aktuell nicht nur als Antwort auf schnellere Tools die Real-Time-Analysen bieten notwendig, sondern zu einem handlungsleitenden Imperativ im Management: schnelle Entscheidungsprozesse unabdingbar, „Zauderer“ und „Bürokraten“ haben keine besonders gute Zukunftsprognose! Daher werden auch hierarchische Organisationsformen entscheidend auf die Probe gestellt und werden ins Wanken geraten. Hingegen sind schlanke, agile und adaptionsfähige Strukturen von entscheidendem Vorteil. Planung bildet immer auch die bestehende Organisation und Verantwortlichkeiten ab. Hohe organisatorische Komplexität übersetzt sich damit auch häufig in komplexe Planungsmodelle.

5. Bottom-up ist ein Relikt der Vergangenheit

Der immerwährende Wettstreit zwischen Bottom-up und Top-down als Planungsparadigma ist entschieden. In der nächsten Zeit werden sich Top-down-Ansätze durchsetzen und allzu breitflächige durchgeführte Planungsaktivitäten (zumindest eine Zeit lang) verdrängen. Allein aus dem Geschwindigkeitsargument heraus wird mehr Top-down handlungsleitend die Planungsprozesse nachhaltig beeinflussen. Wer Monate in detailverliebter Planung in der Fläche verharrt kann mit der Veränderungsgeschwindigkeit im Umfeld nicht mehr Schritt halten – egal ob diese in eine positive oder negative Richtung ausschlagen.

6. Integriertes Planen wird zur Pflichtübung

Gerade in der aktuellen Situation ist oftmals stattfindende Fokussierung auf die Gewinn- und Verlustrechnung in der Planung völlig unzureichend, um nicht zu sagen ein betriebswirtschaftlicher „Hasard-Ritt“. Bilanzielle Konsequenzen und letztlich die Auswirkungen auf den Cashflow bzw. die Liquidität sind maßgebliche Steuerungsinformationen, auf die nicht verzichtet werden kann. Daher ist Integrierte Planung zwar ein „verstaubtes“ Schlagwort, dass aber jetzt umso mehr wieder Beachtung findet und zum Pflichtprogramm im Controlling avanciert.

7. Das Budget ist tot, lang lebe der Forecast

Tendenziell bürokratische Planungszugänge werden verdrängt und sind nicht mehr zeitgemäß. Der Forecast bzw. rollierende Forecast wird zentrales Steuerungsinstrument um schnell, gezielt und flexibel auf sich ändernde Gegebenheiten zu reagieren. Die längst überfällige Ablöse des klassischen Budgets wird endlich Wirklichkeit und die forecast-orientierte Steuerung zur gängigen Praxis.

8. Ein starkes und interdisziplinäres Planungsteam wird unabdingbar

Um schnell belastbare Szenarien zu entwickeln bzw. daraus Entscheidungsgrundlagen abzuleiten wird ein interdisziplinäres Planungsteam notwendig. Das Planungsteam muss dabei überschaubar groß, schlagkräftig und durchsetzungsstark sein. Controlling wird weiter eine wesentliche und integrierende Rolle spielen bzw. prozessual den Takt angeben, allerdings wird die inhaltliche Bearbeitung und vor allem breit getragene Planungsannahmen immer wichtiger. Nur ein interdisziplinäres Planungsteam kann dieser Anforderung genügen.

9. Ohne Kultur und Mindest funktioniert nichts

Planungen – egal ob Budget oder Forecast – als Pflichtübung zur Bedingung zentraler Anforderungen des Controllings können sich Unternehmen nicht mehr leisten. Es braucht eine ausgeprägte Steuerungskultur, um nicht zu sagen ein gemeinsam getragenes Mindset, dass Planung als handlungsleitende Abbildung der Zukunft verstanden und auch gelebt wird. Dies setzt auch hohes Commitment und Verbindlichkeit von der Zieldefinition bis zur finalen Abgabe des Budgets voraus.

10. Leadership wird zum zentralen Erfolgsfaktor

In letzter Konsequenz wird ist die Bedeutung von Leadership drastisch zunehmen. Klare Ansagen, mutige Entscheidungen und konsequente Umsetzung sind wichtiger als je zuvor. Damit wird starkes Leadership zu einem unabdingbaren Erfolgsfaktor, der sich im Management und in weiterer Folge im Planungsteam widerspiegeln muss. Planzahlen werden eine wichtige Unterstützungsfunktion und Leitlinie liefern. Scheingenaue und übertrieben detaillierte Planungen sind nicht länger ein probates „Feigenblatt“ um mangelnde Entscheidungsfreude zu kaschieren.