News

CFO Artikel - Mai 2021

Innovationssteuerung & -controlling – Teil 2

von Raoul Ruthner

Innovation gilt als einer der wesentlichen Hebel, um langfristigen Unternehmenserfolg sicherstellen zu können. Daher genießt das Thema Innovation auch viel Aufmerksamkeit, auch wenn es unter den aktuellen Rahmenbedingungen zwangsläufig etwas zurückgestellt wurde und mit anspruchsvolleren Anforderungen konfrontiert ist. Der vorliegende Beitrag widmet sich dem Thema der Innovationssteuerung und den dazu erforderlichen Controlling-Strukturen. Er liefert einen Rahmen für die Gestaltung der Innovationssteuerung bzw des Innovationscontrollings und beschreibt deren integratives Zusammenspiel. Während Teil 1 in der vorhergehenden Ausgabe die Themen Steuerungsmodell, Strategisches Portfoliomanagement und Operativer Projektsteuerung beleuchtet hat, steht in Teil 2 die Ressourcensteuerung, die funktionale Steuerung des Innovationsbereichs und das lebenszyklus-orientierte Kostenmanagement im Mittelpunkt.

1. Recap – Kernelemente der Innovationssteuerung und des Innovationscontrolling

Wie bereits in Teil 1 dargestellt, empfiehlt sich eine Kombination aus unterschiedlichen Systemelementen, die eng verschränkt mit den Kernprozessen der Steuerung (iS der Controlling-Hauptprozesse1) zusammenspielen müssen (siehe auch Abb 1: Kernelemente des Steuerungssystems für Innovationen.):

Abb 1: Kernelemente des Steuerungssystems für Innovationen.

  • Steuerungsmodell für Innovationen / R&D (KPIs und Governance-Modell),
  • Strategische Projektportfolio-Steuerung,
  • Operative Projektsteuerung,
  • Ressourcensteuerung als Verbindung zwischen Projekt und Linie,
  • Funktionale Steuerung des Innovations- / R&D-Bereichs und
  • Lebenszyklusorientiertes Kostenmanagement (Target-Kosten, entwicklungsbegleitende Kalkulation etc).

2. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis

2.1. Ressourcensteuerung

Eines der wesentlichen Bindeglieder zwischen Projekten und der Linienorganisation bildet die Ressourcensteuerung. Sie ist ein wichtiger und oftmals kritischer Koordinations-Mechanismus, der die beiden Bereiche miteinander integriert (siehe auch Abb 2: Ebenen der Ressourcensteuerung.):

Abb 2: Ebenen der Ressourcensteuerung.

  • Strategische Projektportfolio-Steuerung: hier werden übergreifende Steuerungsentscheidungen zum Ressourceneinsatz im Projekt-Portfolio, Programmen und Projekten im Einklang mit strategischen Zielen und Prioritäten getroffen. Durch Etablierung eines Steering Committee wird zudem ein Eskalationsgremium bei Ressourcenkonflikten geschaffen, das zeitnah reagieren kann und mit entsprechenden Entscheidungskompetenzen ausgestattet ist. Zudem ist es auch die Ebene, auf der übergreifende und zukunftsgerichtete Entscheidungen zu Ressourcen diskutiert werden (zB der Bedarf mittel- bis langfristiger spezifischer Ressourcen und Kompetenzen aufzubauen).
  • Ressourcensteuerung im Projekt: dabei handelt es sich um die operative Steuerung der Ressourcen in Projekten (bzw darunterliegenden Ebenen wie der Arbeitspakete, Aufgaben etc). Voraussetzung hierfür sind valide Planungen und ein laufendes Controlling des Ressourcen- einsatzes, insbesondere auch im Wechselspiel mit anderen Zielgrößen wie Budget, Scope, Qualität etc. Für das einzelne Projekt bedarf es eines verbindlichen Ressourcen-Commitments als Basis für die erfolgreiche Abwicklung von Projekten und Zielerreichung.
  • Ressourcensteuerung in der Linie: neben dem Projekt braucht das Management in der Linie umfassende Transparenz zur Auslastung der Mitarbeiter sowie deren aktuellen Einsatz in
    Linientätigkeiten und / oder Projekten als Basis für die gezielte Steuerung. Dazu braucht es eine vorausschauende Planung von Ressourcenverfügbarkeit und ein rechtzeitiges Erkennen von Engpässen. In der Regel ist es auch Aufgabe der Linie durch gezieltes Ressourcenmanagement, den tatsächlichen Ressourcenaufbau / -abbau, Kompetenzentwicklung etc umzusetzen.

Für einen erfolgreichen Einsatz ist zudem die zeitnahe Verfügbarkeit von Steuerungsinformationen zu Ressourcen ausschlaggebend. Im Kern ist dies vielfach ein Reporting zur Ressourcensteuerung, das entsprechend den oben beschriebenen Informationsbedarfen strukturiert und aufgebaut wird (siehe auch Abb 3: Ressourcen-Reporting.). Um eine umfassende Sicht auf das Thema Ressourcen zu haben, müssen daher die unterschiedlichen Perspektiven in Einklang gebracht werden – hierzu zählen:

Abb 3: Ressourcen-Reporting.

  • Mitarbeiterstruktur & Kompetenzen / Kompetenzverteilung: gerade dann, wenn Aktivitäten über unterschiedliche Standorte verteilt sind, ist eine komprimierte Übersicht zu Mitarbeitern, Kompetenzen / Kompetenzprofilen je Standort, Bereich etc unerlässlich. Dies ist nicht nur für die kurzfristige Steuerung erforderlich, es dient vor allem auch als Entscheidungsgrundlage für gezielten Kompetenzaufbau / -abbau und die Kompetenzentwicklung.
  • Verfügbare Ressourcen: um eine hohe Auslastung der Mitarbeiter zu gewährleisten, bedarf es einer Übersicht zur Verfügbarkeit von Ressourcen bzw deren aktueller bzw geplanter
    Auslastung. Hierzu ist idR eine Darstellung auf Einzelpersonen notwendig, die unterschiedliche Filter bzw Aufrisse nach Standorten, Abteilungen, Disziplinen etc bietet. Ein solches
    Dashboard hilft auch, Engpässe zu identifizieren und frühzeitig gegenzusteuern.
  • Allokierte Ressourcen: zur Steuerung von Projekten ist eine Sicht auf die verplanten Ressourcen je Projekt (oder in weiterer Folge von Programmen) bzw in Summe notwendig.
    Zudem ist der Vergleich von verplanter vs verfügbarer Ressourcen hilfreich, der aufzeigt, ab wann es zu Engpässen kommt. Durch entsprechende Auswahlmöglichkeiten kann dadurch auch der Frage nachgegangen werden, welche Projekte noch bei gegebener Projektlandschaft und Ressourcenausstattung noch möglich sind.
  • Plan- / Ist-Vergleich: letztlich ist eine umfassende Gegenüberstellung der Ressourcenabfrage in Plan und Ist notwendig. Dadurch wird eine Übersicht geboten, inwiefern Ressourcen
    im Vergleich zum Plan auch tatsächlich abgerufen wurden. Über einen solchen Mechanismus wird auch die Beurteilung der Planungsqualität in den Projekten möglich und ermöglicht wertvolles Feedback in die Projektplanung und laufende Verbesserung der Planungsqualität.

Für den Einsatz in der Praxis haben sich eine Reihe von Erfolgsfaktoren als entscheidend erwiesen:

  • Einheitliche und verbindliche Standards im Ressourcenmanagement (Planung, Freigabe laufende Steuerung / Controlling, Reporting etc) sind unabdingbar.
  • Planungskompetenz der Projektleiter bzw Aktivierung der kollektiven Planungsintelligenz im Unternehmen (zB Abteilungsleiter ressourcenbereitstellender Einheiten) ist von erheblicher Bedeutung.
  • Hohe Transparenz zu Ressourcen (Was ist geplant / verplant? Was ist verfügbar? Wo gibt es Engpässe / Probleme / Eskalationen? Welche Ressourcen / Kompetenzen müssen aufgebaut werden? etc).
  • Pragmatischer Mix aus organisatorischen / prozessualen Regeln und Tool-Unterstützung.

Durch ein derart gestaltetes Ressourcenmanagement lassen sich einige Nutzenpotenziale realisieren. Hierzu gehört neben einer deutlich verbesserten Steuerungsqualität insbesondere auch mehr Transparenz und damit Möglichkeiten, die Auslastung der Mitarbeiter gezielt zu verbessern und am Ende damit die Effizienz nachhaltig zu steigern. Letztlich ist die Verschränkung zwischen operativer Ressourcensteuerung und strategischer Ressourcenentwicklung ein zusätzlicher Vorteil, der vor allem die mittel- bis langfristige Entwicklung maßgeblich unterstützt.

2.2. Funktionale Steuerung des Innovations- / R&D-Bereichs

Projekte bilden zwar das zentrale Umsetzungsvehikel für Innovationen, dennoch bedarf es auch einer ausdefinierten Logik zur funktionalen Steuerung des Innovations- / R&D-Bereichs. Ausgehend von den strategischen Schwerpunktsetzungen und der Steuerungslogik bzw den zentralen KPIs, werden diese zur funktionalen Steuerung über die Kostenrechnung abgebildet. Hier sind vier Themenstellungen von besonderer Relevanz:

  • Zuordnung von Verantwortlichkeiten in der Ergebnisrechnung,
  • Abbildung des Innovations- / R&D-Bereichs über Kostenstellen,
  • Festlegung einer sinnvollen Entlastungslogik und
  • Aufbau einer Kostenträgerrechnung für Projekte.

Die eindeutige Zuweisung von Verantwortlichkeiten in der Ergebnisrechnung bildet die Basis für ein konsequentes Kostenmanagement. Was als Selbstverständlichkeit klingt, ist vielfach in der Praxis nur unzureichend realisiert. Einerseits sind Verantwortlichkeiten nicht hinreichend präzise definiert, andererseits mangelt es dann aber an der kostenrechnerischen Abbildung, und somit in weiterer Folge an den Grundlagen für die finanzielle Steuerung.

Abb 4: Zuordnung von Verantwortlichkeiten in der Ergebnisrechnung. zeigt exemplarisch die Zuordnung von Verantwortlichkeiten. Sie bilden auch die Basis für Nachkalkulationen und die Verantwortlichkeiten bei etwaigen Abweichungen.

Abb 4: Zuordnung von Verantwortlichkeiten in der Ergebnisrechnung.

An den definierten Verantwortungsbereichen orientiert sich dann in weiterer Folge auch die Bildung von Kostenstellen. Hier gilt es, Verantwortlichkeiten in der Organisation abzubilden und darüber Steuerungswirkungen zu erzielen und überbordende Komplexität zu verhindern. Davon ausgehend werden dann Entlastungsmechanismen definiert, um die Kosten auf Projekt (Kostenträger) zu bringen. In oben angeführtem Beispiel werden zB die Kostenstellen der „R&D Services“ sowie „R&D General“ als Umlage in den Verwaltungs- / Overheadkosten berücksichtigt.

Alle anderen Kostenstellen werden entweder auf Basis von Stunden direkt auf konkrete Kostenträger verrechnet oder, im Falle keiner vollständigen Entlastung, ebenfalls in den Verwaltungs- / Overheadkosten berücksichtigt. Letztlich ist vielfach dann die Kostenträgerrechnung für Projekte festzulegen, um eine effiziente Steuerung zu gewährleisten. Abb 5: Kostenträgerrechnung für Projekte. zeigt ein Beispiel aus dem Automotive-Bereich.

Abb 5: Kostenträgerrechnung für Projekte.

2.3. Lebenszyklus-orientiertes Kostenmanagement

Die Themen Effizienz und nachhaltige Kostenoptimierung rücken im Bereich Innovation immer mehr in den Vordergrund. Damit gewinnt auch das Thema (aktives) Kostenmanagement zunehmend an Bedeutung und wird ein wichtiges Gestaltungsfeld. Bei der konkreten Ausgestaltung sind eine Reihe an Systemelementen von Relevanz, die je nach Branche mit individuellen Schwerpunktsetzungen zu versehen sind:

  • Zielkostenvorgaben / Target Costing,
  • Entwicklungsbegleitende Kalkulation / Design Costing,
  • Angebotskalkulation / Open-Book-Kalkulation,
  • Entscheidungsrechnungen / Business Cases,
  • Life-Cycle-Darstellungen und
  • Nachkalkulationen.

Für die praktische Umsetzung dieser Elemente lassen sich eine Reihe an Anforderungen ableiten – dazu zählen:

  • Rasche und wirtschaftliche Datenverfügbarkeit ohne weitreichende manuelle Eingriffe.
  • Qualitativ hochwertige Dateninputs / belastbare Basisdaten (zB bei Stücklisten, Arbeitsplänen, Kosteninformationen, …).
  • Einheitliche Berechnungsgrundlagen und Vergleichbarkeit (zB Kostensatzermittlung, …).
  • Standardisierte Methoden und damit vergleichbare Ergebnisdarstellungen.
  • Transparenz und inhaltliche Nachvollziehbarkeit von Rechengängen und Ergebnissen.
  • Integration / Zusammenspiel von unterschiedlichen Systemen (ERP, PDM / PLM, Kalkulationslösung, …).
  • Sinnvolle Nutzung fachbereichsübergreifender Zusammenarbeit (zB Kalkulation im interdisziplinären Team, …).
  • Klare Verantwortlichkeiten für Daten / Datenstrukturen und Systeme.
  • Präzise definiertes Zusammenspiel mit anderen Instrumenten / Prozessen wie zB Planung, Reporting, Kostenrechnung, generelle Entscheidungsrechnungen etc.
  • Verfügbarkeit von Open-Book-Kalkulationen und Cost-Breakdowns für Externe.

Exemplarisch seien hier einige Beispiele herausgegriffen und als allgemeine Gestaltungsempfehlung beschrieben:

2.3.1. Entwicklungsbegleitende Kalkulation / Design Costing

Konsequente und vor allem nachhaltig erfolgreiche Kostenoptimierung muss in der Entwicklung ansetzen. In dieser Phase werden rund 80 % der Kosten festgelegt und lassen sich später, insbesondere im Zuge der Serienproduktion, nur mehr eingeschränkt beeinflussen. Insofern kommt der entwicklungsbegleitenden Kalkulation oder auch Design Costing große Bedeutung zu, um die Kostenposition nachhaltig zu gestalten. Abb 6: Entwicklungsbegleitende Kalkulation zeigt exemplarisch den Prozess der entwicklungsbegleitenden Kalkulation im Zusammenspiel mit dem Produktentwicklungs-Prozess (PEP). Für die konkrete Ausgestaltung lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

Abb 6: Entwicklungsbegleitende Kalkulation.

  • Der Kalkulationsprozess muss klar ausdefiniert sein und eine entsprechend hohe Effizienz sicherstellen. Nur eine laufende Informationsversorgung des PEP eröffnet Steuerungsmöglichkeiten und frühzeitige Impulse zur Gestaltung der Kostenstruktur. Damit lässt sich auch die Orientierung des gesamten Entwicklungsprozesses auf die Zielkosten hin gewährleisten und reduziert zusätzliche Schleifen aufgrund verfehlter Zielkosten.
  • Eindeutig ausdefinierte, stabile und kommunizierte methodische Vorgaben sind wesentlich. Dazu gehören Kalkulationslogik bzw -schema, Detaillierungsgrad etc. Den Trade-off zwischen
    betriebswirtschaftlichem „Tiefgang“ auf der einen Seite, und Verständlichkeit bzw Nachvollziehbarkeit auf der anderen Seite, gilt es im Auge zu behalten.
  • Definierte Aufsetzpunkte sichern die Datenqualität bzw schaffen auch Vergleichbarkeit zwischen Projekten. Hierfür sind insbesondere auch präzise definierte Meilensteine inkl der erforderlichen Deliverables von entscheidender Bedeutung (bspw priorisierte Lösungsvarianten, das Vorliegen von Baugruppenstücklisten, oder eines Montageprüfkonzepts, …). Die notwendigen Festlegungen müssen in enger Abstimmung mit dem PEP (und den darin enthaltenen Meilensteinen) erfolgen.
  • Dateninputs sind zu definieren, die jeweilig führenden Systeme (PDM / PLM, ERP, …) zu klären und die Anlieferung effizient bzw ohne zu weitrechende manuelle Bearbeitungsschleifen sicherzustellen. Zusätzlich ist auch die Zuweisung von Verantwortlichkeiten in der Organisation (iS, wer verantwortet welche Datenstrukturen) sicherzustellen.
  • Die Ergebnisaufbereitung (dh Reporting) sollte standardisiert erfolgen, klare Schlussfolgerungen für die weitere Entwicklungsarbeit ableiten (Maßnahmenorientierung), und letztlich auch adressatenorientiert erfolgen. Hier gilt insbesondere zu beachten, dass die Adressaten in der Entwicklung oftmals keine gelernten Betriebswirte sind und eine gute Nachvollziehbarkeit von entscheidender Bedeutung ist.
  • Feedbackschleifen und die strukturierte Diskussion der Ergebnisse bzw Schlussfolgerungen in der Regelkommunikation der Projekte bzw der involvierten Abteilungen ist sicherzustellen. Gerade dabei ist oftmals eine kritische Sollbruchstelle, zwischen der Aufbereitung der Kalkulation und der zielgerichteten Kommunikation an die jeweiligen Entwickler, festzustellen. Formal festgeschriebene Abstimmungsrunden sind dabei unabdingbar.

2.3.2. Angebotskalkulation / Open-Book- Kalkulation

Die Angebotskalkulation wird zunehmend zu einem erfolgskritischen Schritt in der Geschäftsanbahnung. Eine zeitnahe und fristgerechte Bereitstellung des Angebots ist mittlerweile wettbewerbskritisch am Weg zum erfolgreichen Vertragsabschluss. Um dies zu gewährleisten, muss die Kalkulationslogik eindeutig definiert sein. Dies funktioniert nur mit zentralen Vorgaben, die einen verbindlichen Rahmen setzen, gerade dann, wenn Produkte oder Leistungen neu und / oder kundenspezifisch entwickelt werden.

Wesentlich ist auch die Festlegung von Verantwortlichkeiten im Kalkulationsprozess, insbesondere wer die übergreifende Verantwortlichkeit trägt, aber auch, wer für welche Daten(strukturen), für die Datenqualität und deren Bereitstellung die Verantwortung übernimmt (zB Gesamtverantwortung – Finance / Controlling, Stückliste – R&D, Material-Preise bzw Preise für Zukaufteile – Einkauf, Arbeitspläne und Investitionen – Produktion / Arbeitsvorbereitung, …). Hier gilt, dass die Kalkulation im Team eine wichtige Vorsteuergröße für die Qualität des Kalkulationsergebnisses darstellt, insbesondere dann, wenn es sich um erstmalig angebotene Produkte oder Leistungen handelt.

Die Anzahl der beteiligten Personen muss jedoch auf ein sinnvolles Maß begrenzt bleiben und deren Rolle bzw Verantwortung präzise umrissen sein. Beim Kalkulationsschema ist auf die Erfordernisse bzw Spezifika des jeweiligen Unternehmens ausreichend Rücksicht zu nehmen (siehe auch Abb 7). Typische Anforderungen hierbei sind ua:

Abb 7: Angebotskalkulation.

  • Klar strukturierte und saubere Zurechnung von Material- / Fertigungs- / Einzel- bzw Gemeinkosten.
  • Sicherstellung von Kostenwahrheit bei Sonder bzw Einmalkosten (zB Sonderkonstruktionsaufwand in der Produktentwicklung, Beschaffung von spezifischen Fremdteilen, … ) und
    konsequente Zurechnung auf Aufträge.
  • Ausweis der relevanten Gemeinkosten für Vertrieb, Versand, Fracht, Verpackung, allgemeiner und spezifischer Overhead etc.
  • Transparenter Ausweis von Aufschlägen wie Gewinn-, Risikoaufschlag, Kommissionen, Skonto etc.

Zusätzlich gewinnt in zahlreichen Branchen die Bereitstellung von Open-Book-Kalkulationen zunehmend an Relevanz. Insbesondere in der Zulieferindustrie ist die Bereitstellung einer
Open-Book-Kalkulation / eines Cost-Breakdowns verpflichtende Anforderung für die Teilnahme in einem Angebots prozess. Dies erhebt hohe Ansprüche an Nachvollziehbarkeit und Qualität der Angebote und der dahinterliegenden Angebotskalkulation.

Transparente Kalkulationsgrundlogik und eine jederzeit nachvollziehbare Kalkulationshistorie werden unabdingbar. Letzteres bedingt auch ein professionalisiertes Änderungsmanagement, das lückenlos mit der Kalkulation verschränkt ist. Eine Übersicht hierzu findet sich in Abb 8: Open Book-Kalkulation / Cost Breakdown..

Abb 8: Open Book- Kalkulation / Cost Breakdown.

3. Fazit: Integration als Schlüsselfaktor

Innovationssteuerung und -controlling ist eine herausfordernde Aufgabe, die vor allem eine weitreichende Verankerung im Unternehmen erfordert. Nur wenn es gelingt die erforderlichen Bausteine spezifisch auf die Anforderungen des Unternehmens auszurichten und zu integrieren, lässt sich auch hoher Nutzen in der Unternehmenssteuerung und für das Management schaffen. Ebenso muss der Prozess der Innovationssteuerung end-to-end betrachtet und gestaltet werden.

Eine gute Idee muss in konkrete Entwicklungsaktivitäten übersetzt und zu Zielkosten in Serie gebracht werden und sich in einem konkreten Angebot für den Kunden niederschlagen. All das erfordert eine Vielzahl an abgestimmten Systemelementen. Zudem muss auch das Controlling darauf bedacht nehmen und das Thema Innovation als integrativen Bestandteil in der Steuerungsarchitektur des Unternehmens sehen. Abb 9 zeigt zusammenfassend einen integrierten Steuerungsprozess.

Abb 9: Integrierter Steuerungsprozess.

https://www.lindeverlag.at/zeitschrift/cfo-aktuell-9

CFO Artikel - März 2021

Innovationssteuerung & -controlling – Teil 1

von Raoul Ruthner

Innovation gilt als einer der wesentlichen Hebel, um langfristigen Unternehmenserfolg sicherstellen zu können. Daher genießt das Thema Innovation auch viel Aufmerksamkeit, auch wenn es unter den aktuellen Rahmenbedingungen zwangsläufig etwas zurückgestellt wurde und mit anspruchsvolleren Anforderungen konfrontiert ist. Der vorliegende Beitrag widmet sich dem Thema der Innovationssteuerung und den dazu erforderlichen Controlling-Strukturen. Er liefert einen Rahmen für die Gestaltung der Innovationssteuerung bzw des Innovationscontrollings und beschreibt deren integratives Zusammenspiel. Teil1 befasst sich mit den Themen Steuerungsmodell / KPIs, Strategisches Portfoliomanagement und Operativer Projektsteuerung. Teil 2 der Ressourcensteuerung, der funktionalen Steuerung des Innovationsbereichs und dem lebenszyklusorientierten Kostenmanagement.

1. Aktuelle Rahmenbedingungen und Ausblick

Innovationen haben es schwer in einer Pandemie. Zumindest zeigt eine breit angelegte Studie unter Führungskräften, dass kaum ein Bereich derart starke Einschnitte erfahren hat. Es gibt aber auch einen sehr positiven Ausblick, dass zum Ende der aktuellen Krise der Fokus auf Innovationen deutlich zulegen wird und sie wieder zum Motor einer raschen Erholung werden. Neben den aktuellen, krisenbedingten Rahmenbedingungen sind aber eine Reihe von Faktoren bereits seit längerem maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich Innovation und die damit eng verknüpfte R&D in einem herausfordernden Umfeld bewegen. Hierzu zählen ua:

  • Kürzere und deutlich schnellere Innovationszyklen, die schnelle und effiziente Vorgehensmodelle erforderlich machen.
  • Neue Arbeitsweisen / -techniken (Agile, Stage-Gate, Design Thinking, Rapid Prototyping etc) durchdringen die Unternehmen, setzen aber für ihren erfolgreichen Einsatz einen hohen Reifegrad der Organisation voraus.
  • Weitreichende Lösungsdesigns bzw Geschäftsmodell-Innovationen stehen anstelle reiner Produktinnovation zunehmend im Fokus – für viele bedeutet das, Neuland zu betreten.
  • Neue Technologien und oftmals deutlich höhere Systemkomplexität (damit auch Risiken) will in den Projekten abgebildet und „beherrscht“ werden.
  • Digitalisierung bietet viele Chancen bzw Potenziale, damit einhergehen aber auch viele Risiken.
  • Steigender Effzienzdruck ist auch in den Bereichen Innovation bzw R&D angekommen.
  • Ein entsprechender Beitrag zur (Produkt-) Kostenoptimierung und damit zur Profitabilitätssteigerung wird mehr und mehr eingefordert.

All diese Entwicklungen machen eine Professionalisierung der Steuerung und des Controllings im Innovationsbereich unabdingbar. Die Zeiten der intuitiven „Goldgräbermentalität“ zur Innovationssteuerung sind vorbei. Im Zeichen dieser Herausforderungen beschreibt der vorliegende Beitrag auf Grundlage unterschiedlicher Projektbeispiele einen gesamthaften Ansatz zur Innovationssteuerung und liefert auf Basis von Best Practice zahlreiche Gestaltungsempfehlungen für die Weiterentwicklung der Controlling-Strukturen für diesen Bereich.

2. Kernelemente der Innovationssteuerung und des Innovationscontrollings

In der Praxis hat sich eine Kombination aus unterschiedlichen Systemelementen bewährt, die bestmöglich mit den Kernprozessen der Steuerung (iS der Controlling-Hauptprozesse2) zusammenspielen, integrativ verzahnt sind (siehe auch Abb 1: Kernelemente des Steuerungssystems für Innovationen) und modularen Charakter haben – hierzu zählen:

  • Steuerungsmodell für Innovationen/R&D (KPIs und Governance-Modell);
  • Strategische Projektportfolio-Steuerung;
  • Operative Projektsteuerung;
  • Ressourcensteuerung als Verbindung zwischen Projekt und Linie;
  • Funktionale Steuerung des Innovations-/ R&D Bereichs;
  • Lebenszyklusorientiertes Kostenmanagement (Target-Kosten, entwicklungsbegleitende Kalkulation etc).

Abbildung 1: Kernelemente des Steuerungssystems für Innovationen

Ein modularer Ansatz hat zwei entscheidende Vorteile: einerseits wird es dadurch möglich, die Systemelemente passend zu kombinieren und auf aktuelle unternehmerische Schwerpunktsetzungen Rücksicht zu nehmen. Andererseits erlaubt er, einen schrittweisen Implementierungspfad zu beschreiten, ohne die Organisation zu überfordern. Im Folgenden werden die jeweiligen Systemelemente beschrieben und Empfehlungen für die konkrete Ausgestaltung geliefert.

3. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis

3.1. Steuerungsmodell für Innovationen

Ausgangspunkt bildet ein klar ausdefiniertes Steuerungsmodell. Als mehrdimensionale KPI Logik liefert es den Rahmen für die Steuerung und ermöglicht unternehmensspezifische Schwerpunktsetzungen entsprechend strategischer Stoßrichtungen (wie zB Effzienz, Kosteneinsparung, Durchlaufzeit, Know-how und Patente, …). Hierbei muss auf die individuellen (strategischen) Rahmenbedingungen Rücksicht genommen werden.

Exemplarisch ist in Abb 2: Steuerungsmodell für den Bereich Innovationen/R&D das Steuerungsmodell für den Bereich Innovationen / R&D eines börsennotierten Technologieunternehmens angeführt. Generell zeigt sich, dass ein mehrdimensionaler Steuerungsansatz, der unterschiedliche Dimensionen (financials und non-financials) verbindet, Fehlsteuerungen vermeidet und eine umfassende Sicht auf den Bereich Innovationen / R&D gewährleistet. Zudem kann so auch ein schrittweiser Auf- bzw Ausbau ermöglicht werden, zB abhängig von der Verfügbarkeit der KPIs aus Systemen. Entscheidend für den erfolgreichen Einsatz ist aber die konsequente Durchdringung des Unternehmens mit den definierten KPIs in den wesentlichen Steuerungsprozessen (Reporting / Dashboarding, Planung und Forecasting, „Binnen-Steuerung“ des Innovations- / R&D-Bereichs, …).

Abbildung 2: Steuerungsmodell für den Bereich Innovationen/R&D

3.2. Strategische Projektportfolio-Steuerung

Das Projektportfolio bezeichnet die Zusammenfassung geplanter, genehmigter und laufender Projekte bzw Programme eines Unternehmens. Das ist insbesondere für Innovationsvorhaben ein notwendiger Strukturierungsschritt, um diese abgestimmt und ganzheitlich anhand klarer (strategischer) Ziele steuern zu können. Der Handlungsrahmen und die wesentlichen Zielsetzungen werden durch das weiter oben beschriebene Steuerungsmodell geschaffen. In das Innovationsportfolio werden im zeitlichen Verlauf regelmäßig neue Projekte aufgenommen, laufende uU abgebrochen, zurückgestellt und natürlich auch erfolgreich fertiggestellt und somit formal abgeschlossen.

Bei der Projektportfolio-Steuerung handelt es sich daher um einen permanenten, unternehmensweiten Führungs- und Steuerungsprozess der projektübergreifend wirkt. Dabei gilt es, eine sinnvolle Balance zwischen Ressourceneinsatz und Beitrag zu den Unternehmenszielen sicherzustellen. Als unmittelbare Schnittstelle zum Strategischen Management bildet die Strategische Portfoliosteuerung von Innovationsvorhaben ein wesentliches Umsetzungsvehikel, die zusammengefasst folgende Aufgaben verfolgt:

  • Definition von Projekten bzw Programmen zur Umsetzung / Erreichung (strategischer) Zielsetzungen des Unternehmens und damit sicherstellen eines optimalen Projekt- / Programm-Mix bzw innovationsstrategischer Vorgaben.
  •  Kritische Beurteilung und Priorisierung von Projekten / Programmen anhand definierter Beurteilungskriterien.
  • Freigabe, Zurückstellung und / oder Ablehnung von Projektanträgen.
  • Laufende, übergreifende Steuerung von Projekten / Programmen aus Unternehmenssicht.
  • Optimierung des Ressourceneinsatzes und übergreifende Ressourcensteuerung.
  • Projekt- / programmübergreifendes Informations- und Wissensmanagement.

Aus der Perspektive einer übergreifenden Steuerung macht ein Steering Committee, das sich mit (Teil) Portfolios auseinandersetzt und nicht nur einzelne Projekte steuert, Sinn. Dadurch wird gewährleistet, dass übergreifende und koordinative Entscheidungen rasch und vor allem aus dem Blickwinkel eines Gesamtoptimums heraus getroffen werden. Die Basis für die Portfoliosteuerung bildet ein geeignetes Reporting. Für die konkrete Umsetzung und auch die Verzahnung mit der operativen Projektsteuerung empfiehlt sich dabei die Strukturierung über mehrere Ebenen, die sich an die jeweiligen Adressaten richtet (siehe auch Abb 3: Ebenen für das Projekt-Reporting):

  • Überblick zum Portfolio: hier steht eine fokussierte Übersicht zum Projektportfolio im Vordergrund, also wie viele Innovationsprojekte laufen aktuell? Wie viel Budget wurde für Innovationsthemen freigegeben? Wie viele kritische Abweichungen in den Projekten gibt es? In welchen Phasen stecken die Projekte? Etc. Das Steering Committee bzw das Management sollen sich darüber einen schnellen und aussagekräftigen Überblick zu den Innovationsprojekten machen können
  • Exception Reporting: in einem nächsten Schritt gilt es, jene Projekte zu identifizieren, in denen kritische Abweichungen auftreten und die Management Attention darauf zu lenken. Hier empfehlen Projektübersichten, die mit Ampelstatus (Time, Scope, Budget und Gesamt) arbeiten und den Absprung auf das jeweilige Einzelprojekt ermöglichen.
  • Einzelprojekt: das jeweilige Einzelprojekt wird auf einer Seite dargestellt und alle relevanten Informationen zusammengefasst. Neben Financials sind es vor allem Meilensteine, Risiken, kritische Themen / Entscheidungen etc, die hier kombiniert werden.
  • Aufgabensicht: letztlich ist eine Aufgabensicht erforderlich, um die Aufgaben an die Projektmitglieder zu verteilen. Hierbei handelt es sich um die granularste Ebene, die in der Regel zwischen Projektleiter und Projektmitarbeitern genutzt wird, um die Projektarbeit zu strukturieren bzw auch zu verfolgen.

Wie in Abb 3: Ebenen für das Projekt-Reporting dargestellt, betreffen insbesondere die ersten zwei Ebenen die Strategische Portfoliosteuerung, die anderen beiden die Operative Projektsteuerung, wobei die Sicht auf das Einzelprojekt aus beiden Blickwinkeln sinnvollerweise genutzt wird. Um flexibel zu bleiben und auf neue Anforderungen reagieren zu können, empfiehlt sich eine Umsetzung in Form von Dashboards.

Dadurch lassen sich geänderte Steuerungsanforderungen, Filter auf den Datenbestand, aber auch Visualisierungen mit überschaubarem Aufwand durch den Fachbereich umsetzen. Zudem können neue Datenquellen leicht angebunden und mit dem Datenbestand kombiniert werden.

Abbildung 3: Ebenen für das Projekt-Reporting

3.3. Operative Projektsteuerung

Eng verbunden mit der Strategischen Portfoliosteuerung ist die operative Steuerung von Innovationsprojekten. Hier steht die Effzienz und Transparenz bei der Durchführung von Innovationsvorhaben im Mittelpunkt. Im Lichte des oben beschriebenen Ebenen-Konzepts (Abb 3: Ebenen für das Projekt- Reporting) sind es die Einzelprojekt- und Aufgabensicht, die relevant sind. Das Steuerungsinstrumentarium muss hier viel Flexibilität und Entscheidungsgeschwindigkeit bieten, dabei aber Transparenz sicherstellen und den finanziellen Erfolg keinesfalls aus dem Auge verlieren.

Ein enges Monitoring von Projektfortschritt, Meilensteinerreichung und -freigabe sowie der Financials ist hier unerlässlich, und setzt natürlich auch hohe Ansprüche an die Planung. Daher kommt der Projektinitiierung mit einer fundierten Entscheidung (inkl Business Case), der Ableitung des konkreten Projektauftrags, klar umrissenen Projekt-Zielen (und auch Nicht-Zielen) etc besondere Bedeutung zu. Die Projektplanung umfasst dann in weiterer Folge die Festlegung der Projektorganisation auch die Projektstruktur-, Termin-, Ablauf-, Ressourcen-, Kommunikations- und Kostenplanung auch die Risiko- und Qualitätsbetrachtung. Zudem zeigt sich bei Innovationen die Bedeutung klar ausformulierter Projektphasenpläne mit definierten Meilensteinen bzw Gates, um verbindliche Checkpoints zu installieren, anhand derer die Umsetzung verfolgt wird, im Zweifelsfall aber auch die „Reißleine“ für einen Ausstieg gezogen werden kann.

Ein konsequentes Meilenstein-Controlling, das auf klar ausformulierten Zielen, Fortschritten und Deliverables aufbaut, bildet die Basis. Nur so lässt sich ein laufendes „Aufweichen“ der erwarteten Fortschritte bei der Beurteilung verhindern. Ausblick: Teil 2 in der nächsten Ausgabe widmet sich den weiteren Bereichen Ressourcensteuerung als Verbindung zwischen Projekt und Linie, der funktionalen Steuerung des Innovations- / R&D-Bereichs und des lebenszyklusorientierten Kostenmanagements (Target-Kosten, entwicklungsbegleitende Kalkulation etc).

https://www.lindeverlag.at/zeitschrift/cfo-aktuell-9

August 2020

Second Opinion bei strategischen Entscheidungen

von Andreas Feichter und Patrick Schwarzl

In Zeiten der Krise gilt es, das bestehende Geschäft abzusichern, teilweise auch zu retten. Andererseits stellt gerade die Krise auch die Möglichkeit für einen radikalen Wandel da, der Innovationen wieder begünstigt.

Häufig prallen im Zusammenhang mit Innovationen zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite sind es die Visionäre bzw. Optimisten und auf der anderen steht die kritische Finanzfunktion, die oft als Bewahrer und Pessimist wahrgenommen wird. Das Ergebnis ist ein langwieriger Diskussionsprozess, der für keine der beiden Seiten angenehm ist und das Unternehmen auch an Innovationskraft kosten kann. Natürlich sind die langfristigen Konsequenzen und die verbundenen Risiken nicht zu unterschätzen, allerdings ist eine rasche Entscheidungsfindung hier dringend zu empfehlen.

Einige Unternehmen haben sich in der Vergangenheit dazu entschieden, die Einschätzung von Innovationen, durch eine unabhängige, kritische Instanz vornehmen zu lassen, die eine strukturierte, neutral aufbereitete Entscheidungsgrundlage liefern kann. Diese Entscheidungsgrundlage wird final mit „beiden Interessensgruppen“ abgestimmt und als gemeinsame Sicht zur Entscheidungsfindung genutzt.

Der folgende Beitrag zeigt, welche Elemente zu beachten sind und wie rasch eine adäquate Entscheidungsgrundlage erstellt werden kann.

Klare Definition der Analyse-Dimensionen

Für eine objektive Bewertung des Business Cases werden vorab klar abgrenzbare Themenbereiche definiert, die anhand mehrerer Dimensionen konkret beleuchtet werden:
• Produkt & Markt
• Kosten & Leistungsprozesse
• Finanzierung & Investition
• Szenarien, Modellierung & Risiken

Jede der Dimensionen wird für sich allein sowie in Summe evaluiert. Dadurch können rasch kritische Themenfelder bzw. ein etwaiger Nachschärfungsbedarf identifiziert werden. Daneben bildet die Nutzung eines standardisierten Sets eine effiziente Herangehensweise und steigert die Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Optionen.

1. Produkt & Markt

Analyse ob und in welcher Form das zukünftige Produkt / Dienstleistung vom Kunden überhaupt nachgefragt wird. Dabei wird nicht nur die Qualität eines bereitgestellten Lösungsansatzes bewertet, sondern auch inwieweit ein Alleinstellungsmerkmal (USP) gegenüber alternativen Anbietern sichergestellt werden kann. Ebenso wichtig ist die Bewertung der möglichen Kundensegmente und über welche Vertriebskanäle diese erreicht werden können. Auf Basis dieser Optionen erfolgt eine konkrete Ableitung der möglichen Nachfrage, bei der besonders auf die zeitliche Entwicklung im Sinne einer realistischen Hochlaufkurve geachtet wird. Durch Prüfung und Ergänzung von marktfähigen Pricing-Annahmen kann somit das Umsatzpotenzial abgeleitet werden.

2. Kosten & Leistungsprozesse

Die Prüfung der Leistungsprozesse erfolgt in zwei Schritten. Zuerst werden die inhaltlichen und prozessualen Anforderungen konkret abgeleitet. Kritische Bottlenecks, notwendige Ressourcen, oder erfolgsentscheidende Partnerschaften / Kooperationen werden identifiziert.

Im zweiten Schritt erfolgt die quantitative Bewertung, um die anfallenden Kosten zu ermitteln und über den Zeitverlauf abzubilden. Mögliche Synergieannahmen werden sowohl im Sinne ihrer inhaltlichen Umsetzbarkeit als auch in ihrer finanziellen Höhe geprüft und berücksichtigt.

3. Finanzierung & Investition

Für eine bestmögliche finanzielle Bewertung des Cases ist die richtige Quantifizierung von Investitionsbedarfen notwendig. Höhe und Zeitpunkte werden inhaltlich geprüft und mit den inhaltlichen Annahmen quer-gecheckt.

Abhängig vom Reifegrad und der finanziellen Ausgangssituation der bestehenden Organisation werden ebenfalls Form, Herkunft und Kosten der notwendigen Finanzierung bewertet.

4. Szenarien, Modellierung & Risiken

Alle getroffenen Annahmen münden letztendlich in einer gesamthaften Business Case Rechnung, auf deren Basis die wirtschaftliche Beurteilung erfolgt. Dabei werden auf einem sinnvollen Betrachtungszeitraum sowohl jährliche Ergebniskennzahlen als auch eine Kapitalwert-Bewertung abgebildet. Losgelöst davon, ob diese rechnerische Modellierung in MS Excel oder anderen Simulationslösungen erfolgt, sollten gewisse Qualitätsstandards berücksichtigt werden:
• Möglichst einfacher, nachvollziehbarer Aufbau
• Einfache Adaptions-/Erweiterungsmöglichkeiten
• Szenarienfähigkeit und paralleler Vergleich unterschiedlicher Annahmen
• Abbilden von Sensitivitäten zur Quantifizierung von Chancen und Risiken

Durch eine aktive Diskussion des dahinterliegenden Mengengerüsts und der Durchführung von Stresstests wird der Business Case intensiv gechallengt. Auf Basis der Ergebnisse lassen sich konkrete Schwachstellen identifizieren und eine finale Bewertung ableiten.

Second Opinion Tests und der Vorteil der unvoreingenommenen Meinung

Das Hinzuziehen von neutralen Experten, die den unterschiedlichen Meinungen Gehör verschaffen und ihre eigenen Empfehlungen einbringen, ermöglicht in der Regel eine neue Perspektive und eine rasche Bereitstellung einer qualitativ hochwertigen Entscheidungsgrundlage.

Die Erfahrung zeigt: je besser unabhängig gechallengt wird, desto besser wird die Qualität der Entscheidungsgrundlage und desto höher ist die Akzeptanz von allen Beteiligten.